Bitte meint es nicht mehr gut

Mindestens so mühsam, wie die Ernährung als Mensch mit Fruktoseintoleranz ist die Erklärung für Menschen ohne Fruktoseintoleranz. Laktose, Gluten – ja, damit können viele etwas anfangen. Darf man keine Kuhmilch und keine Semmel essen. Bei Fruktose stehen schon mehr an. Und sie fragen nach. Wie das denn so ist, was man jetzt nicht essen darf und was passiert, wenn man es doch isst, und seit wann man das hat und woher das kommt. Und sie geben in ihrer Unwissenheit Ratschläge. „Aber hast du schon mal Soja-Eis probiert, das geht doch, oder?“ – „Soja ist mit* Wurscht, es geht um den Zucker.“ – „Ach ja. Und was ist mit Marmelade?“ – „D’oh.“

Ich weiß, ihr wollt verstehen, seid an einem interessiert, seid besorgt, wollt helfen, meint es einfach gut. Das ist sehr lieb, ich weiß das zu schätzen. Aber es ist auch kraftraubend, immer wieder die gleichen Fragen zu beantworten. Denn natürlich merkt ihr euch das alles nicht immer und stellt beim nächsten Mal dieselben Fragen. Ihr fragt mir Löcher in den Bauch, der eigentlich lieber in Ruhe gelassen werden würde. Denn er hat mit den ganzen Fruktosemühen schon genug zu tun.

Also nehmt es mir bitte nicht übel und seid nicht beleidigt (auch wenn ihr eure Fragen in diesem Text vielleicht wiedererkennt): aber meint es bitte nicht mehr gut mit mir.

*) Edit: weil der Tippfehler so schön ist, lass ich ihn einfach stehen.

Wie schmeckt eigentlich zuckerfreie Schokolade?

Als mit Fructoseintoleranz leben müssende Person darf ich nicht nur Obst und bestimmte Gemüsesorten nicht essen. Was viele nicht wissen: auch Süßigkeiten sind Tabu weil im normalen Haushaltszucker (Saccharose) auch Fructose (Fruchtzucker) drinnen ist. In meinen superschlauen Kochbüchern steht zwar drinnen, dass man Fructose besser verträgt, wenn man etwa gleich viel Glukose (der andere Bestandteil der Saccharose, besser bekannt als Traubenzucker) zu sich nimmt. Dazu kann ich nur eines sagen: das ist Bullsh… Blödsinn.

Schokolade, Eis, Kekse, Smoothies und Shakes, Kuchen und Torten, Schnitten, Gummizeugs – wonach es einen auch immer es euch gelüstet ist verboten. Zum Selberbacken gibt es zwar zum Glück gute Alternativen, mit denen Zucker ersetzt werden kann (z.B. Reismalz, Stevia, Kandisin, Sukrin oder einfach Trauberzucker pur). Einfach mal so aus dem Supermarkt etwas zum Naschen mitnehmen ist aber nicht drin.

In den USA (und bestimmt auch vielen anderen Ländern) gibt es eine größere Auswahl an traditionellen Süßigkeiten ohne Zucker. In Österreich – oh Wunder – kaum. Die bei uns im Supermarkt erhältliche Stevia-Schokolade, die vor ein paar Jahren groß gehyped wurde, ist für Fructoseintolerante keine Alternative. Denn darin ist als Ballaststoff Oligofructose enthalten. Und der ist für Menschen mit schnell beleidigtem Verdauungstrakt auch nicht ideal. Online kann man natürlich schon diverse Naschereien ordern, aber spontane Schokoladelust lässt sich damit nicht befriedigen.

Jetzt habe ich in einem Reformhaus bei mir ums Eck eine Schokolade mit dem Zuckerausstauschstoff Xylit (auch Birkenzucker genannt) entdeckt. Die einzigen Inhaltsstoffe: Kakaomasse, Xylit, Kakaobutter und Sonnenblumenlecithin. Alles bei Fructoseintoleranz unbedenklich sofern man es in Maßen zu sich nimmt, bei übermäßigem Verzehr kann auch Xylit abführend wirken. Aber für ab und zu ein Stück Schokolade kein Problem.

Und wie schmeckt das Zeug jetzt, um zur Antwort des Titels zu kommen? Nicht in einem Wort: Absolut und ganz und gar scheußlich. Wieso es die Hersteller der Milkas und Kinderschokolades und Bensdorps und wie sie alle heißen nicht schaffen oder wollen, (gut schmeckende) zuckerfreie Alternativen anzubieten, ist mir ein Rätsel. Der Markt dafür wäre sicher groß, ist er für zuckerfreie Getränke schließlich auch. Ich kann dahinter nur die Lobby der Zuckerindustrie vermuten. Denen ein herzliches: Go fudge yourself!

PS: In diesem Zusammenhang empfehle ich John Olivers Beitrag über Zucker.

And now for something completely different: Reisauflauf

Damit hättet ihr jetzt nicht gerechnet, dass ich ein Rezept veröffentliche, nicht wahr? Ist aber so. Weil es erstens eine der wenigen Speisen ist, die ich kann und andererseits immer gut ist. Ein Reisauflauf.

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Zutaten:
250 Gramm Milchreis bzw. Rundkornreis
1 Liter Milch
ca. 125 ml Obers (ein bisserl mehr geht auch)
Zucker oder Süßstoff (ich verwende nur Süßstoff)
1 unbehandelte Zitrone
1 Eidotter (Biofreilandbodenhaltung, wenn nicht dürft ihr mein Rezept nicht nachkochen)
Salz
Vanilleschote (oder -zucker oder zumindest -aroma oder auch nicht)
Butter
Zimt (optional)

Zubereitung:
Milch nach Wunsch süßen (lieber kosten statt nach Vorgaben Zucker oder Süßstoff in Herzinfarktmenge reinschütten) und mit dem Reis, einer Prise Salz, etwas abgeriebener*) Zitronenschale und dem Vanillemark aus der Schote gach**) aufkochen lassen. Auf kleiner Flamme so lange köcheln lassen, bis der Reis pappig ist. Den fertigen Reis vom Herd nehmen und etwas abkühlen lassen.

Eine Ofenform mit Butter ausreiben und die Reispappe darin verteilen. Obers mit dem Eidotter verquirlen und über die Reismasse gießen. Nach Wunsch etwas Zimt darüber streuen. Den Auflauf bei ca. 170 Grad im Ofen für 30 bis 40 Minuten backen bis die Oberfläche blubbert und goldbraun ist (bzw. halt fertig ausschaut, weil durch den Zimt ist er auch vorher schon braun …)

*) Pro-Tipp: nicht beim Abreiben der Zitrone mit der Raspel in die Finger raspeln.
**) gach: auf Wienerisch schnell, kurz. Klingt aber netter.

Verzehr:
Aus dem Ofen nehmen, sofort kosten und sich dabei die Zunge verbrennen. Den Auflauf danach doch etwas auskühlen lassen, in Portionen schneiden und auf einem Teller hübsch anrichten. Fotografieren und im Internet posten. Und essen. Prost.

Alternativen:
Das Ganze kann man auch mit Äpfel machen und Semmelbrösel. Aber wie das geht, weiß ich nicht. Googelts das selber.

 

 

Neues Mittel gegen Fructose-Unverträglichkeit im September

Update: seit Ende September gibt es Xylosolv. Hier mein Blog-Eintrag dazu.

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Etwa 30 bis 40 Prozent der europäischen Bevölkerung leidet laut Netdoktor.at an Fructose-Unverträglichkeit. Das bedeutet, dass der Körper nur (sehr) geringe Mengen an Fruchtzucker aufnehmen kann, ähnlich wie bei der weiter verbreiteten Lactose-Intoleranz. Wer solche Lebensmittel dennoch isst, bekommt starke Bauchkrämpfe. Derartige Unverträglichkeiten können spontan auftreten. Ich habe Fructose-Unverträglichkeit seit ca. acht Jahren.

obst

(Foto: Obst, Schokolade und ich. Symbolbild)

In erster Linie ist damit Obst weitgehend vom Speiseplan gestrichen. Könnte man glauben. Aber es geht noch weiter, denn auch der normale Haushaltszucker – also Rohr- oder Rübenzucker (Saccharose) – setzt sich zu einem Teil aus Fructose und einem Teil aus (verträglicher) Glucose (Traubenzucker) zusammen.

Wer also besonders wenig Fruchtzucker verträgt – die Ausprägung kann individuell unterschiedlich sein – verträgt auch normalen Zucker schlecht. In Gemüsesorten kommt Fruchtzucker seltener vor, aber gerade die Geschmacksverstärker Knoblauch und Zwiebel sind tabu. Gesüßte Limonaden, Süßigkeiten, der Großteil aller Fertigprodukte – bei all diesen Produkten müssen Menschen mit Fructose-Intoleranz aufpassen. Auch Honig ist problematisch, da das darin enthaltenen Sorbit im Körper zu Fructose umgewandelt wird. (Logischer Weise sind damit auch andere Lebensmittel mit Sorbit als Süßmittel schlecht verträglich. Kaugummi, ich schau zu dir.)

Ein Medikament am Markt, das die Fructose-Aufnahmefähigkeit verbessert ist Fructosin. Oder besser gesagt: war Fructosin. Denn das Mittel wurde aufgelassen, wie man mir heute in der Apotheke zu meinem blanken Horror erklärt hat. Das Mittel war zwar relativ teuer (30 Stück für ca. 24 Euro, pro Fructose-hältiger Mahlzeit muss man davor zwei bis drei Tabletten nehmen), aber es hat geholfen. Alternativen gibt es nicht, hat mir Apothekerin Nummer 1 gesagt. Ein Nachfolgerprodukt soll irgendwann kommen, wusste immerhin Apothekerin Nummer 2.

Ich habe also beim österreichischen Hersteller Sciotec angerufen, ob das tatsächlich stimmt – zwischen einem unterdrückten Heulkrampf und Amokgedanken. Die schlechte Nachricht: ja, Fructosin wurde aufgelassen. Die gute: schon im September soll ein Nachfolgeprodukt auf den Markt kommen. Wer also schon verzweifelt auf der Suche nach einer Alternative zu Fructosin war, sollte den News-Bereich von Sciotec in den nächsten Wochen öfter mal aufrufen.

Und keine Angst, wenn das Nachfolgemedikament im September noch nicht da ist, ruf ich wieder an.

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Disclaimer: ich bin keine Lebensmitteltechnikerin oder Ärztin, mein Wissen rund um Zucker und Fruchtzucker-Unverträglichkeit basiert nur auf einschlägiger Literatur und auf eigenen Erfahrungen. Sollte ich groben Unfug geschrieben haben, bitte ich das 1. zu verzeihen und 2. im Kommentarbereich anzumerken.

Perfektion ist nicht die Norm. Krumme Gurken ftw!

Weil es draussen heiß und sonnig ist, ich gleich in Richtung Alte Donau fahre und keine Zeit dafür habe, einen schönen Einstieg für diese Geschichte zu finden, gehe ich gleich in medias res: in österreichischen Supermärkten werden bald krumme Gurken, zweibeinige Karotten, rostige Äpfel und fleckige Marillen verkauft.

Was bislang dem Schönheitsideal für Obst und Gemüse nicht entsprochen hat, soll laut STANDARD ab September bei Merkur, Billa und Adeg verkauft werden. Billiger, eventuell unter eigener Marke. Ein Versuch, die skandalöse Verschwendung von Lebensmitteln einzudämmen.

Finde ich großartig. Ist hoffentlich nicht nur ein Marketing-Gag. Perfektion ist nicht die Norm. Weder beim Menschen, noch bei der Gurke.